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Kometen fotografieren


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Kometen fotografieren

 

Vielleicht ergibt sich ja noch schnell die Gelegenheit mal einen helleren Kometen zu fotografieren. Und wenn nicht, der nächste kommt bestimmt 😉


Zunächst müssen wir sie mal finden:

Es braucht jedenfalls Vorbereitung um die Suche einzugrenzen. Im Stellarium kann man sich im Modul Sonnensystem Editor aktuelle Bahndaten hereinholen und wenn man bei „Teleskopen“ seine Brennweiten und Sensoren hinterlegt hat, auch einfach das Bildfeld der jeweiligen Optiken simulieren.

Mit LiveView Ext. II kann man Teile des Kometen dann vielleicht schon im Display sehen, wenn man mal weiß wo er steht 😉 Ein Fernglas zur Suche ist sicher sehr hilfreich, aber auch Fotos machen und sie bei höchster Vergrößerung durchsuchen… hilfreich wenn helle Sterne / Planeten in der Umgebung.

An sich ist es zunächst nicht schwieriger, als normale „Deep Sky“ Fotografie.

Was allerdings die Sache schwieriger gestaltet: Je näher sie uns sind, desto schneller bewegen sie sich vor dem Hintergrund, was die zur Verfügung stehende Belichtungszeit schon stark reduziert.

Kometen verhalten sich mitunter recht dynamisch, so wie das Flackern einer Kerze. Und sie können uns auch mit Helligkeitsausbrüchen (leider auch Einbrüchen) überraschen. In Sonnennähe kommt es immer wieder zu Abspaltungen von Trümmern. Das geht auch bis zu einer Auflösung oder Ausbrennen in Sonnennähe.

Diese Dynamik dann auch noch in Animationen zu zeigen, ist aber eher für absolute Kometenprofis. Wir sind ja schon froh ein tolles Bild zu bekommen.

Daher braucht es eine lichtstarke Optik um die Belichtungszeit auf 10-30 Sekunden beschränken zu können. Wie lang genau, muss man sich ansehen und ist abhängig was wir tolerieren wollen. Gerade der helle Kern wird ja schnell deutlich in die Länge gezogen.

ISO1600 ist hier sicher kein Fehler und problemlos möglich um genügend Signal zu haben. Kontrolle am Histogramm Der Peak sollte 30-50% von links stehen.


Wenn sie hell sind und einen schönen Schweif ausbilden sind sie auch recht groß. Ein vielfaches des Mond wie er uns am Himmel erscheint. Daher braucht es dann auch keine langen Brennweiten, was uns insgesamt das Nachführen wesentlich erleichtert.

Wer keine hat, kann es auch vom Stativ versuchen, aber dann eher nur mit starkem Weitwinkel und wird die Belichtungen eher unter 10 Sekunden halten müssen. Das sehe ich dann auch eher ISO3200, vielleicht auch 6400?.

Profis nehmen vielfach natürlich hochempfindliche gekühle s/w Kameras mit Filtern was die Sache um viele Aspekte aufwändiger gestaltet.
Mit einer „normalen“ Farbkamera ist man da aber insofern oft besser gestellt, dass man z.b. das orange Natriumleuchten auf den Bildern finden kann. Dieses Licht wird bei Filter gegen Lichtverschmutzung und R/G/B Filteren stark ausgeblendet.

Was wir jedenfalls brauchen: Am besten 20-40 Bilder, was das Signal/Rauschverhältnis ja stark verbessert, business as usual 😉.

Die letzten hellen Kometen waren bei uns oft in Horizontnähe, und entweder kurz vor Sonnenaufgang oder Untergang. Das stellt schon sehr hohe Anforderungen an den Himmel, der auch da noch möglichst klar sein muss.

Zur Planung der Belichtungen muss man auch beachten, dass man eine Serie mit gleichmäßigen Abständen hat. Also die Zeitabstände zwischen den Belichtungen gleich halten. Ansonsten kann es je nach Methode der Ausarbeitung zu unschönen Mustern kommen.


Lange Rede kurzer Sinn:
Man muss es einmal mehr schaffen: Einige gute gelichtete Bilder zu bekommen, deren Zeitabstände auch gleich sind.
 

Die nachträgliche Bearbeitung geht von relativ einfach bis sehr schwer.


Der einfachste Weg wird ein Stack wie üblich auf die Sterne sein.
Das führt aber zu einem verwischen des Kometen.

Der bessere Weg ist hier, dass man auf den Kometen selbst stackt.
Da gibt es z.b.: beim Deep Sky Stacker eine eigene Funktion dazu.
Man muss vorher dem Stacker dann natürlich helfen und zumindest im ersten und letzten Bild den Kern des Kometen markieren. Die Werte dazwischen werden interpoliert, weshalb es dann eben Bilder mit den selbe zeitliche Unterschieden braucht.

Man erhält so recht schnell ein Bild, wo der Komet eben dann still steht und die Sterne mehr oder weniger Striche oder Punktspuren bilden.

Schon wesentlich schwieriger ist es aber zu einem Bild zu kommen, dass den Kometen vor dem Sternen zeigt.

Zumindest die Theorie dazu ist einfach:

Man stackt auf die Sterne. Dazu sind die „rejection“ Parameter so eingestellt, dass der Komet, der da ja durchs Bild zieht herausgerechnet wird. Und man stackt auf den Komenten und die Sterne die jetzt durchs Bildfeld ziehen werden herausgerechnet.

In der Praxis bleiben da leider immer Sterne bezw. Teile des Kometen über. Daher ist eine aufwendige Bearbeitung zur Bereinigung dieser Spuren angesagt. Schwierig auch schwache Sterne hinter dem Schweif und helle Sterne in der Nähe des hellen Kometenkerns, der Coma.

Rejection Algoritmen arbeiten auch besser, wenn man längere Zeitabstände zwischen den einzelnen Bildern hat. Denn damit wird besser erkannt was nur einmal an der selben Stelle im Bild ist und damit verworfen werden kann.

Trennt man den Kometen von den Sternen wird man bald ein weiteres Problem bemerken: Wie macht man den Farbabgleich im „nur Komet“ Bild?

Beim Sternen Bild gibt es ja einiges an Vorgangsweise. Man sollte also einen Weg suchen, wie man die Parameter des Farbabgleiches dann auf das gleich bearbeitete Kometen Bild überträgt.
Klar: Schummeln durch verdrehen der Farbmischer geht immer, aber wäre es nicht besser, ein möglichst richtiges Bild auch was Farben betrifft (wenn auch wie immer stark verstärkt) zeigen zu können?

Dem Problem, wie man möglichst Artefaktfreie „nur Sterne“ und „nur Kometenbild“ Stacks bekommt, tragen einige Workflows Rechnung.
Man versucht dann z.b. das Sternen Bild in einem weiteren Stack schon beim Stacken aktiv vom dem des Kometen abzuziehen.

Hinterher vereinigt man dann das Sternenbild mit dem Kometenbild.

Kann man das in einem früheren Stadium des Workflows machen, hat man es natürlich einfacher mit dem Farbabgleich. Allerdings ist es einfacher, ein „nur Sterne“ und einen „nur Kometen“ Stack mal getrennt vorher nach allen Regeln der Kunst zu verfeinern.

Mittlerweile gibt es ja auch zwei Sternentfernungsprogramme die auf ein trainiertes neuronales Netzwerk zurückgreifen: Das kostenfreie StarNet++ und der neue kostenpflichtige StarXterminator (30 Tage Testversion).

Das ermöglicht uns jetzt auch eine Sternentfernung schon sehr früh im Workflow und damit möglicherweise effektiver.

StarNet++ arbeitet allerdings praktikabel nur am gestreckten Bild. Also wäre es einen Versuch wert, es in einem Photoshop ähnlichen Workflow einzusetzen.


StarXterminator funktioniert auch an linearen Daten (RAW). Man würde dann versuchen auf den kalibrierten jeweiligen Einzelbildern schon eine Sternentfernung durchzuführen. Da man da dann schon üblicherweise in PI (PixInsight) arbeitet,das ja schier unendlich viele Möglichkeiten bietet, kann man jetzt die alten zurechtgelegten hergebrachten Workflows erweitern oder verlassen:
Bei den einzelnen kalibrierte Bilder bereits Sterne entfernen und Lokale Normalisierungen und GradientenScaleNormalisierungen durchführen (gerade in Horizontnähe nötig). Umgekehrt kann man dann auch gleich für die Bilder des „Sternen Stacks“ den Kometen vorab herausrechen. Danach erst den hoffentlich möglichst „reinen“ Kometen stacken. Und auf Sterne sowieso…

Ok, zuletzt Geschriebene könnte wohl mehr verwirren, weil es tiefe Kenntnisse und Erfahrungen voraussetzt, die man aber im Laufe der Zeit sammelt.

Für alle und immer wichtig:


Kalibriert Eure Bilder sorgfältig: Also Darks und Fllat/BIAS (bezw. FlatDarks).
Das ergibt das bestmögliche Ausgangsmaterial, denn der Rest ist schwer genug!
Flats/BIAS (oderFlatDarks) lassen sich bei Fotooptiken ja leicht auch später schnell machen. Ist meist keine Hexerei!


Und einmal mehr:

Die Kunst ist es, sich an dem zu Erfreuen, was man selbst hervorbringt und nicht an dem zu Verzweifeln was Profis zeigen oder so Manche hinzufaken versuchen.

Siegfried

BTW:

Das Bild zeigt einen Screenshot beim Ausarbeiten bei meinen Versuche letzten Jahr am C/2020 F3 Neowise….
 






 

 

 

 

bearbeitet von iamsiggi
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Danke Siegfried für die vielen Tipps und Details zur Kometenfotografie. Ich hatte letzte Woche für ein kurzes Zeitfester Gelegenheit mein erstes Kometenfoto zu machen (Komet Leonard). Das Ganze aus dem Wohnzimmerfenster heraus und ohne Tracking, und somit gezwungenermaßen viele kurz belichtete Einzelbilder bei hoher ISO. Im Prinzip ist es ja wie bei der normalen Deep Sky Fotografie mit dem dem Unterschied, dass sich besonders der Komet Leonard ziemlich schnell am Himmel fortbewegt. Also habe ich wie Du schon beschrieben hast mit dem Deep Sky Stacker 2 getrennte Stacks gemacht und nach der Bildbearbeitung vereinfacht gesagt wieder zusammengeführt, mit all den Schwierigkeiten dabei. Gruß Ralph

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vor 21 Minuten schrieb Uploadfilter:

 Also habe ich wie Du schon beschrieben hast mit dem Deep Sky Stacker 2 getrennte Stacks gemacht und nach der Bildbearbeitung vereinfacht gesagt wieder zusammengeführt, mit all den Schwierigkeiten dabei. Gruß Ralph

Hallo Ralph!

Das schöne dabei ist ja: Man kann später mit gestiegenen Kenntnissen oder Möglichkeiten, die Ausarbeitung wieder  probieren.

Ich trage mich schon länger mit dem Gedanken, die Daten meines ersten Kometen "Lovejoy"  als ich gerade anfing mit der Astrofotografie auszugraben...
Terry ist ja im Facebook "Olympus OM-D Astrofotografie" Forum.

Siegfried

 

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