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Meine Bildbearbeitung vom Pferdekopfnebel


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Objektbeschreibung

Der "Pferdekopfnebel" zählt sicherlich mit zu den schönsten und am meisten fotografierten Objekten am Sternenhimmel. Genaugenommen ist der Pferdekopfnebel gar kein Nebel sondern eine dunkle Staubwolke in Form eines auf dem Hinterkopf liegenden Pferdekopfs mit der Katalognummer Barnard 33, welche vor dem rot leuchtenden Wasserstoffgebiet mit der Katalognummer IC 434 liegt. Der Nebel befindet sich direkt unterhalb des 1,85 Mag hellen Sterns Alnitak, des linken der 3 Gürtelsterne im Sternbild Orion. Links von Alnitak liegt ein weiteres Wasserstoffgebiet Namens "Flammennebel" mit einer eher orangefarbenen Tönung. In der Nähe befinden sich auch 4 kleine blau leuchtende Reflexionsnebel und zusammen mit den 3 hellen Gürtelsternen bildet diese Region ein sehr attraktives astronomisches Fotomotiv.

Hier eine Vorschau aus dem Programm Stellarium mit eingeblendetem Sensorrahmen für die Olympus Pen E-PL9 bei 135mm Brennweite:

P0053966-01.thumb.jpg.c2ecf7012d33c16a26e5c1149e32e6b1.jpg


Aufnahmeparameter

274 Bilder mit jeweils 20 Sekunde Belichtungszeit bei Low ISO (100) und Blende 2,4 wurden mit der Olympus Pen E-PL8 Kamera und dem Samyang 135mm F2.0 ED UMC Objektiv aufgenommen und mit dem Vixen Polarie Star Tracker nachgeführt. Die Aufnahmen entstanden schon im Dezember 2020 und alle Originalbilder sind noch vorhanden, so dass zu einem späteren Zeitpunkt noch weitere Aufnahmen dazu addiert werden können um noch schwächere Nebelanteile sichtbar zu machen.


Bildbearbeitung

Die Bildbearbeitung mache ich mit Adobe Photoshop und dem darin enthaltenen Camera Raw Filter. Zuvor werden die einzelnen Bilder mit dem Programm Sequator gestackt und dazwischen die Sterne mit dem Programm StarNet++ temporär entfernt. Da ich nicht mit der Ebenentechnik in Photoshop arbeite werden alle Zwischenbilder als 16bit TIFF-Dateien abgespeichert.

Zunächst die Analyse eines einzelnen unbearbeiteten Bildes:

P0053966-02.thumb.jpg.c97a022f493a39d37bb903ae45dff308.jpg

Hier zeigt sich dass die Aufnahmen ziemlich knapp belichtet sind, denn der Berg im Histogramm steht nur etwa 5% vom linken Rand entfernt. Da man mit dem Vixen Polarie Star Tracker bei 135mm Brennweite nur maximal 20-30 Sekunden belichten kann um punktförmige Sterne zu erhalten, wäre es sicher besser gewesen, die ISO auf 200 oder 400 zu setzen damit der Berg im Histogramm bei ca. 30%  steht, so wie vom User „iamsiggi“ hier im Forum empfohlen.

Im ersten Schritt werden nun die 274 Einzelbilder mit dem Programm Sequator zu einem Summenbild gestackt. Das Ergebnis sieht dann so aus:

P0053966-03.thumb.jpg.16689af7d77a077968ad99cc6ccced1a.jpg

Sequator legt die einzelnen Bilder perfekt übereinander und macht auch das Summenbild heller, in etwa so wie ein einzelnes Bild hätte aussehen sollen. Am unteren Bildrand erkennt man den oberen Teil des Orionnebels und oberhalb der Bildmitte andeutungsweise den Flammennebel. Vom Pferdekopfnebel noch keine Spur, aber wie man später sehen wird ist er in dem Summenbild dennoch vorhanden. 

Im nächsten Schritt lege ich den Bildausschnitt fest:

P0053966-04.thumb.jpg.ab8018e587b05db4edfa4fbb835a2ac3.jpg

Im allgemeinen stelle ich meine Astroaufnahmen auf 2160 Höhenpixel frei (1:1 Darstellung auf einem UHD Monitor) denn bei 135mm Brennweite sind die meisten Deep Sky Objekte immer noch ziemlich klein. Der hier ausgewählte Ausschnitt hat 2880 x 2160 Pixel und enthält die 3 Gürtelsterne, den Flammennebel und den später sichtbar werdenden Pferdekopfnebel.

An dem ausgewählten Bildausschnitt wird jetzt eine erste Kontrastverstärkung vorgenommen und auch der Weißabgleich angepasst, und zwar mit dem Camera Raw Filter in Photoshop:

P0053966-05.thumb.jpg.64b1ec8f9502a16629300f1b0713d939.jpg

Es sind nur wenige Einstellungen nötig um ein erstes schönes Ergebnis zu bekommen. Zuerst habe ich den Regler für Schwarz (Schwarzpunkt) auf -100% heruntergesetzt und dann den Belichtungsregler soweit angehoben, bis der Berg im Histogramm auf ca. 30% steht. Das Ganze im Zusammenspiel mit dem Weißabgleich, der hier nicht perfekt abgeglichen sondern leicht nach blau verschoben ist, weil mir dass persönlich besser gefällt als ein dunkelgrauer Hintergrund. Da der Filterstack vor dem Sensor nur etwa 30% der alpha-Linie des Wasserstoffs von Gasnebeln passieren lässt habe ich außerdem den Farbtonregler für Lila auf +100% gesetzt um die rote Farbe vom Flammen- und Pferdekopfnebel zu verstärken.

Um die schwachen Nebel noch besser herausarbeiten zu können ist es sinnvoll erst einmal die Sterne temporär aus dem Bild zu entfernen. Dazu dient das Programm StarNet++. Es funktioniert nicht perfekt aber ganz brauchbar. Insbesondere ist es empfehlenswert hellere Sterne in Nebeln vorher manuell zu entfernen da es ansonsten zu unschönen Ausfransungen kommen kann. Dass habe ich gemacht bei den 4 kleinen Reflexionsnebeln mit dem Bereichsreparatur-Pinsel in Photoshop und danach die Automatik von StarNet++ arbeiten lassen. Hier das Ergebnis:

P0053966-06.thumb.jpg.b6bb436174581cb44788bbede63c3a98.jpg

Ein ungewöhnlicher Anblick: Ein Objekt am Sternenhimmel ohne Sterne! Aber jetzt kann von Sternen ungestört weiter an der Verstärkung der Nebel gearbeitet werden. Ich lade das Bild wieder in den Camera Raw Filter und betätige die gleichen Regler wie bei der ersten Kontrastverstärkung, mit Ausnahme des Weißabgleichs, aber zusätzlich den Regler für die Farbrauschreduzierung um 10%:

P0053966-07.thumb.jpg.dae9caa9c25ae07f1223a3ae370c6ea4.jpg

Der Pferdekopfnebel ist jetzt deutlich zu erkennen, der hellere Flammennebel sowieso. Gleichzeitig hat sich aber auch der Helligkeitsgradient im Bild verstärkt, verursacht durch die Stadtbeleuchtung und die Vignettierung des Objektivs. Der Gradient wird entfernt indem man in Photoshop zunächst eine Kopie des Bildes erstellt. In dem kopierten Bild werden nun mit dem Bereichsreparatur-Pinsel und dem Staub- und Kratzerfilter alle Nebel und Verunreinigen entfernt. Sollten danach unschöne Treppenverläufe sichtbar sein, kann man diese mit dem Malfilter "Spritzer" beseitigen. Der Filter arbeitet nur im 8bit-Modus und danach muss unbedingt wieder wieder auf 16bit umgestellt werden. Die bereinigte Bildkopie sieht so aus:

P0053966-08.thumb.jpg.d329622ca65569895db1962efb0bd50a.jpg

Es ist nur noch der Himmelshintergrund mit dem unschönen Helligkeitsverlauf zu sehen. Diese Bildkopie wird nun vom Ausgangsbild abgezogen mit der Funktion Bild / Bildberechnungen / Subtrahieren. Danach sieht das Bild so aus:

P0053966-09.thumb.jpg.53f7862eaaf7df94f7bdf6b034d84581.jpg

Der Helligkeitsverlauf ist nun fast vollständig egalisiert und der Himmelshintergrund ist neutral. Ich habe den Vorgang noch einmal durchgeführt weil in der rechten oberen Ecke noch eine leichte Abdunkelung übrig war. Um das endgültige Aussehen der Nebel und des Himmelshintergrundes zu bearbeiten lade ich das Bild noch einmal in den Camera Raw Filter:

P0053966-10.thumb.jpg.bac2573e5e3ca93f2ff8a9a582f5732c.jpg

Es werden nur noch 3 Parameter eingestellt: Der Weißabgleich, die Belichtung und der Weißpunkt. Die Farbe des Himmels habe ich wieder leicht nach blau verschoben und die Helligkeit entspricht in etwa dem realen Nachthimmel bei mir vor Ort. Dass ist natürlich Geschmackssache aber ich persönlich mag keinen dunkelgrauen bis schwarzen Hintergrund. Selbst in Namibia ist der Nachthimmel nicht ganz schwarz.

Bevor die Sterne in das Bild zurückkopiert werden, werden noch einige kosmetische Korrekturen vorgenommen wie z.B. das Entrauschen des Himmels. Dazu benutze ich das Zauberstab-Werkzeug um den Himmel von den Nebeln zu selektieren:

P0053966-11.thumb.jpg.82cac24818db757b77296384997b744f.jpg

Wenn man die Auswahl umkehrt, kann man selektiv die Nebel getrennt vom Himmel nachschärfen.

Nach Abschluss der Korrekturen öffne ich zusätzlich das erste kontrastverstärkte Bild mit den Sternen in das Fenster von Photoshop. Mit der Funktion "Auswahl / Farbbereich / Lichter" und verschiedenen Reglern wird nun Anzahl der Sterne ausgewählt die man in das fertige sternenlose Bild zurückkopieren möchte:

P0053966-12.thumb.jpg.660e9778fb20f5b404887aee94393d60.jpg

Vor dem Zurückkopieren kann man zusätzlich mit der Funktion "Filter / Sonstige Filter / Dunkle Bereiche vergrößern" die Sterne noch etwas verkleinern. 

Hier nun das Endergebnis:

P0053966-13.thumb.jpg.90cb86e7d617e272732f41e61e738eab.jpg

Zwar war die Gesamtbelichtungszeit von 91 Minuten für den Pferdekopfnebel etwas knapp bemessen und die ISO zu niedrig angesetzt, aber es ist immer wieder erstaunlich wie viel an Einzelheiten man aus einem Summenbild noch herausarbeiten kann. Vielleicht ergibt sich diesen Winter noch einmal eine gute Gelegenheit 90 Minuten an Belichtungszeit dazu zu addieren. 

Als Erkenntnis und Fazit kann ich sagen, dass die Bearbeitung von Astrofotos mindestens genauso aufwendig und zeitintensiv ist wie das Anfertigen der Aufnahmen selbst.

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