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Herausforderung "Baumportrait"


bewa_fotografie

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Ja wunderbar das ging ja flott mit der Umsetzung von Stefans @jagabua Idee. Nachdem ich meinen "Senf" in der Vordiskussion auch zum Besten gab möchte ich einfach hier mal zum Start ein Bild einstellen welches mich durchaus gestalterisch sehr beschäftigt hatte und versuchen meine Gedankengänge und Vorgehensweise hierzu zu schildern. Verbunden mit der Frage an Stefan, ob sowas auch gemeint war 😉

Diese beeindruckende Fichte, laut ca. Messung mit Handy-App ca. 35m hoch, habe ich auf der Wanderung an einem alten steilen Bayerwaldsteig entdeckt, vorbeilaufen war schwer möglich, der Baum war sofort präsent und für mich war klar, ein Foto oder besser gesagt Portrait dieses Riesen MUSS gemacht werden. 

Aber Wie? Der Aktionsradius um den Baum betrug ca. 5m, Wie soll dieser Riese auf´s Bild passen? Okay, ich hätte auch einfach meinen Aufstieg fortsetzen können bis ich nach ein paar Spitzkehren eine Möglichkeit fand ihn formatfüllend auf´s Bild zu bekommen. Aber das ist dann ich meinen Augen kein Portrait mehr, denn dazu braucht es eine gewisse Nähe zum Motiv, man muss/sollte in die Aura des Baumes eindringen. Hört sich vielleicht etwas geschwollen an, aber wer leidenschaftlich Bäume fotografiert weiß was ich meine.

Naja so stand ich da und machte mir erste Gedanken dazu. Ein für mich zwingend erforderlicher Prozess, man muss das ganze mal auf sich eine Zeit lang sacken und wirken lassen. Ich schaute nach oben, ging zweimal herum, die Zeit drängte auch ein wenig dabei, denn der Sonnenaufgang stand unmittelbar bevor und dann sollte die Finale Ausrichtung bis auf die Anpassung der Belichtung je nach Helligkeit passen. 

Die erste Idee war, es mit dem 8mm auf 5, 7 oder 9mm korrigiert zu versuchen, zu diesem Zeitpunkt war noch der Plan den Baum komplett bis zum Boden aufs Bild zu bekommen. Bei 5mm ging es so gerade noch, aber das Bild war alles andere als ein ansprechendes Baumportrait, leider habe ich diese Versuche beim Import gleich gelöscht, hätte ich gewusst.........

Ich versuche es zu beschreiben, zu sehen war ein endlos langer Baumstamm, an dessen Ende konnte man eine Baumkrone erahnen um es etwas überspitzt zu formulieren. Die Perspektive war ebenfalls alles andere als gefällig. Das zweite große Problem, ich brauchte zwingend einen Verlaufsfilter um den Dynamikumfang in Griff zu bekommen, vor allem wenn dann die Sonne auftaucht wird es heftig werden, der Baum steht an einem Nordhang. Somit verwarf ich diese Idee wieder und wechselte auf das 8-25 f4 samt Steckfilter. Zu diesem Zeitpunkt war klar, dass es ein Anschnitt werden wird, der innere Monk hatte da kurz ein Problem aber es half nichts. Die Ausrichtung der Kamera auf dem Stativ konzentrierte sich somit auf den Verlauf und Neigung des Baumstammes sowie die Baumkrone welches sich wie ein Schirm ausbreiten soll, aber auch sie sollte leicht angeschnitten sein um die Bildränder zu füllen. Der Stamm musste in meinen Augen nicht zwanghaft genau mittig sein, sollte aber spür- und greifbar sein. Prio hatte aber die Gestaltung der Baumkrone.

Als die Endposition feststand, kam noch das zweite Problem zum tragen, die Tiefenschärfe. Das Bild sollte möglichst durchgängig scharf sein, ich entschied mich nach einem kurzen Test für einen Stack aus 15 Bildern.

 Und jetzt hieß es warten auf die Sonne. Als ich diesen nicht erwarteten schönen Spot in der Krone sah, war die Freude natürlich groß und ich war froh das alles vorbereitet war. Ich habe übrigens  auch eins mit Sonnenstern gemacht, aber auch das viel durchs Raster, das Motiv war der Baum, der gern verwendete Sonnenstern beanspruchte hier zu viel Aufmerksamkeit und lenkte ab. 

Nicht falsch verstehen, ich fotografiere gerne einen Sonnenstern wenn es passt, aber hier war er für mich eher kontraproduktiv, die Sonne ist übrigens unten rechts im Bild erkennbar. 

 

Zusammenfassend habe ich bei diesem Motiv eine dreiviertel Stunde verbracht und das ist auch eine meiner Kernbotschaften. Fotografie aus der Hüfte im Vorbeilaufen ist hier fehl am Platz. Es braucht Zeit und Muße man muss sich erst mal darauf einlassen. Und dann begibt man sich auf die Suche nach Bildelementen, Linien Licht usw.... Nicht umsonst spricht man ja von Bildgestaltung, es ist ein Prozess der Zeit bracht. Und noch was, wenn ich so einen Baum fotografiere, dann gibt es davon genau ein Bild, alle anderen werden gelöscht und verschwinden somit aus meinem Kopf und Blickfeld. Das war für mich eine der härtesten Lektionen die lernen musste, aber es geht. Auch das führt letztendlich dazu, dass man viel bewusster fotografiert, hier ging ich dann mit drei Varianten nach Hause und nach dem ersten Sichten war klar welches Bild entwickelt wird. 

So und nun gerne Feuer frei, wer fotografiert auch gerne Bäume und kennt ähnliche Probleme? Wie ist DEINE Herangehensweise?

 

Viele Grüße, Bernhard

Baumriese.thumb.jpg.d6866f5b6b738f7df0b8e2d123d6a610.jpg

 

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vor 7 Minuten schrieb bewa_fotografie:

Verbunden mit der Frage an Stefan, ob sowas auch gemeint war

Oh jaaa, lieber Bernhard - da hast Du Dich aber postwendend in jeglicher Hinsicht ins Zeug gelegt.

Das Bild ist echt stark, zumal ich zumindest erahnen kann, wie schwer so ein Baumportrait ist. Ich habe hier in meinem Jagdgebiet eine "BuchenTanne", eine ziemlich mächtige Buche, die am Stamm einer ordentlichen Tanne wächst. Im unteren Drittel scheinbar ein Stamm, entwickelt sich oben die Aufspaltung in Blätter und Nadeln - allein, ich hab noch kein gutes Bild davon, weil ich es gestalterisch nicht schaffe (könnten wir mal gemeinsam probieren?).

Nun zu Deinem Bild und was ich da womöglich lerne. Dich hat ja der Baum geradezu elektrisiert, darauf hin hast Du Dich mit diesem tollen Motiv intensiv auseinandergesetzt. Ich sehe hier das fertige Ergebnis. Was ich sehe, ist folgendes:

Erst mal dieser mächtige Stamm, der zunächst mal das dominierende Element im Aufbau darstellt. Der Verjüngung nach oben wird durch Deinen Standort unterstützt, der Stamm endet im oberen Drittel (Drittelregel?) und hat deshalb eine gute Balance im gesamten Aufbau. Das aber wirklich faszinierende für mich sind zwei andere Dinge:

  1. obwohl ich normalerweise denken würde, dass man stets versuchen sollte, ein Bild "aufgeräumt" zu gestalten, ist hier gerade das viele Geäst ein ganz starkes grafisches Element. Mich erinnert das an "Fraßspuren" eines Borkenkäfers oder auch an die Blutbahnen in einem Anatomieatlas. Ausgehend vom oberen "Fixpunkt" verteilen sich diese dunklen Spuren recht gleichmäßig in alle Richtungen des Bildes. Dadurch wirkt dieser obere "Fixpunkt" wie der Ursprung, die Quelle einer Kraft.
  2. die Farben sind einfach der Hammer. Irgendwie ja ein (durch den Stamm) scheinbar eher graues Bild, auch noch unterstützt durch die Grafik der Äste, ist aber gerade der Farbkontrast mit dem Gelb, Hellgrün und Dunkelgrün der eyecatcher.

Das Ganze auf dem fast weißen Himmel (wie Papier) ergibt das irgendwie einen fotografischen "Dürer" - einfach toll!

Danke für die Erklärungen zum Bild - bin nun gespannt, wie Du meine (außenstehenden) Gedanken zum Bild siehst. Aber ich denke, mit solchen Erklärungen sollten wir uns doch auch weiterentwickeln können.

VG und allzeit gut Licht!

Stefan

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Schönen guten Abend Stefan, 

zunächst freut es mich das ich dein Ansinnen richtig interpretiert habe und zum zweiten freut es mich natürlich das dir als bekennender Woid-Fan das Bild gefällt, es gibt auch andere Sichtweisen dazu, aber das ist okay und darüber muss man auch stehen.

Ich fotografiere sehr gerne besondere Bäume, vor allem im Bayerischen Wald und ich spreche hierbei ganz bewusst von einem Portrait und nicht von einem Foto. Es gebietet der Respekt und ein gewisser grad an Ehrfurcht vor solchen gewaltigen Zeitzeugen die unzähligen Stürmen getrotzt haben.

Warum sage ich das, wenn ich mir bewusst bin das ich ein Portrait von etwas mache, dann erfordert das eine ganz andere, viel intensivere Auseinandersetzung mit dem Motiv und dann kommt man fast wie von selbst in diesen Workflow und Gedankengang.

Deine Wahrnehmung und Interpretation deckt sich schon sehr gut mit meiner Sichtweise. Der Stamm eines Baumes ist natürlich eines der wichtigen Elemente, ähnlich der Hand eines Menschen. Der Charakter eines Baums wird fühlbar, man sieht Spuren der Zeit. Der Goldene Schnitt war hier nicht das Thema, wenn dann hat es sich eher zufällig so ergeben, aber ich konnte nachdem die Entscheidung für einen Anschnitt gefallen war nicht mehr groß ausweichen. 

Mit aufgeräumt ging hier nicht wirklich was, die Äste waren einfach brachial da. Es war eher die Herausforderung durch Ausrichtung seine Äste von den Nachbarbäumen zu selektieren und das sie eben gleichmäßig ausbalanciert den Raum einnehmen. 

Das Licht welches wie so ein zentraler Spot da oben thront war einfach Glück, dass konnte ich maximal hoffen, aber das die Krone so toll erleuchtet wird war vorher nicht abzusehen. Das Grün kam nur da auffällig zur Wirkung wo seine Nadeln von den gefilterten Sonnenstrahlen getroffen wurden.  

Du hast es genau auf den Punkt gebracht, auch wenn ich vielleicht nicht elektrisiert verwenden würde, aber vom Fleck weg war tief beeindruckt von diesem Baum den ich zum ersten mal in meinem Leben gesehen habe obwohl ich hier sehr viel fotografisch unterwegs bin.

Auf deine Buchen-Tanne habe ich total Lust, wenn es passt können wir da gerne mal gemeinsam hin Stefan, ist das in der Nähe von deinem Brunftplatz?

Bei Fotografie von Wald und Bäumen, insbesondere bei schwierigen Motiven, sind das passende Wetter, Licht, und die passende Jahreszeit das A&O, Nebel ist ein wichtiger Helfer. Auch ich habe in den Donauhängen zwei drei Stellen, tolle Hainbuchen aber noch kein einziges Bild welches ich herzeigen möchte. Hier ist das extrem steile Gelände das größte Problem, man steht sehr tief zum Motiv.

Als Literaturempfehlung möchte ich ergänzend hier das Buch von Killian Schönberger erwähnen, Faszination Waldfotografie: Ausrüstung, Fotopraxis, Locations. Bäume und Wälder in ausdrucksstarken Bildern festhalten.

Ein klasse Buch welches das Thema vollumfänglich abdeckt und für mich eine große Inspirationsquelle darstellt. Ich bin mit dem Autor auch immer wieder mal in Kontakt eine gemeinsame Foto Tour im Bayerischen Wald wäre mein Ziel, mal schau`n.  

Viele Grüße,

Bernhard

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  • 3 weeks later...

Vielen Dank fürs Zeigen. Das Foto zeigt wiie ich finde nicht zuletzt durch die gelungene Perspektive einen beeindruckenden Baum   sowohl vom Stamm als auch der Krone! Die schwierigen Voraussetzungen kann ich aus eigener Erfahrung gut verstehen.

Bei mir auf dem Bildschirm wirken die Farben allerdings etwas unnatürlich. Möglicherweise auch überbelichtet? ( natürlich war ich nicht vor Ort und gebe daher nur einen allgemeinen Eindruck wieder)

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vor 7 Stunden schrieb lichtfang:

Vielen Dank fürs Zeigen. Das Foto zeigt wiie ich finde nicht zuletzt durch die gelungene Perspektive einen beeindruckenden Baum   sowohl vom Stamm als auch der Krone! Die schwierigen Voraussetzungen kann ich aus eigener Erfahrung gut verstehen.

Bei mir auf dem Bildschirm wirken die Farben allerdings etwas unnatürlich. Möglicherweise auch überbelichtet? ( natürlich war ich nicht vor Ort und gebe daher nur einen allgemeinen Eindruck wieder)

Vielen Dank für deinen Kommentar und auch die Anmerkung. Überbelichtung gibt es laut Histogramm an einigen Stellen im Himmel, die ich aber hier in Kauf genommen habe bzw. den Himmel durch die Tiefen/Lichter-Abstimmung in den Hintergrund treten lies um die Baumkrone und Äste besser zu betonen. Es wäre aber grundsätzlich Zeichnung im Himmel vorhanden. Der Dynamikumfang war natürlich schon gewaltig um diese Uhrzeit, unter die Baumkrone gegen den beginnenden Sonnenaufgang zu fotografieren, wobei die ersten Strahlen vom Winkel her nur das obere Drittel der Krone trafen. Dort war es zu diesem Zeitpunkt wirklich knallgelb. Die Tiefen habe ich hochgezogen und die Abstimmung und Wahrnehmung der Grüntöne ist natürlich schon ein wenig speziell, von der Einstellung des Monitors und letztlich auch noch vom persönlichen Geschmack abhängig. Gerade bei den Grüntönen wird sehr oft in der Naturfotografie über`s Ziel hinausgeschossen und kann eine Aufnahme ruinieren.

Meine entwickelte RAW-Datei ist auch tatsächlich etwas defensiver eingestellt, beim Export in Lightroom war statt sRGB ein Druckerprofil vom Canon Pro 100 eingestellt, welches die  Grüntöne etwas mehr betont hat. Ich hab´s dann so belassen weil es für mich noch okay war, aber dein Einwand ist durchaus berechtigt.

Schöne Grüße und noch ein gutes neues Jahr,

Bernhard

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  • 2 weeks later...

Das ist für mich ein schönes Beispiel, dass den Unterschied zwischen ernsthafter Fotografie und Knipsen zeigt. Gedanken machen, wie man ein schönes oder oft auch nur interessantes Motiv optimal umsetzen könnte  und nicht einfach nur abdrücken. Das Interessante an solchen persönlichen Motiven ist für mich, dass ich meine Lieblingsmotive immer wieder neu fotografiere, weil es immer etwas zu verbessern gibt. Einen Baum von unten zu Stacken finde ich eine wahnsinnig gute Idee!

Das ist für mich auch das Schöne an der Fotografie und nicht einfach nur abdrücken.

 

Grüße

Kurt

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vor 8 Stunden schrieb turbok:

Das ist für mich ein schönes Beispiel, dass den Unterschied zwischen ernsthafter Fotografie und Knipsen zeigt. Gedanken machen, wie man ein schönes oder oft auch nur interessantes Motiv optimal umsetzen könnte  und nicht einfach nur abdrücken. Das Interessante an solchen persönlichen Motiven ist für mich, dass ich meine Lieblingsmotive immer wieder neu fotografiere, weil es immer etwas zu verbessern gibt. Einen Baum von unten zu Stacken finde ich eine wahnsinnig gute Idee!

Das ist für mich auch das Schöne an der Fotografie und nicht einfach nur abdrücken.

 

Grüße

Kurt

Da stimme ich dir voll und ganz zu, Fotografie ist ein Prozess und gerade in der Landschaftsfotografie gibt es vielfältige Möglichkeiten.

Gruß Bernhard

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