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Den Kipon Tilt-Adapter hatte ich schon einmal gesehen, aber er sah für mich nach einem Shift-Adapter aus. Es gibt wohl beide Varianten von Kipon (entweder-oder). Mmh, rund 150 €...muss ich mal darüber nachdenken. Ist zumindest ein Preis, bei dem recht ordentliche Qualität geliefert werden könnte. Falls diesen Adapter jemand benutzt, wären Anwendungshinweise bestimmt nicht nur für mich interessant 😉

Hmm, das Netz ist voller Informationen über diesen Adapter, wenn du welche gefunden hast, kannst du ja hier über einige Berichten und deinen Wissensvorsprung mit uns teilen. Da wird die Ausbeute an Informationen größer sein als hier zu warten was kommt.

bearbeitet von blitz

Heute geht es weiter. In der Thread-Eröffnung habe ich aus meiner Sicht die Grundlagen des Tiltens (mit Adaptern und Altglas) dargelegt. Da war noch alles einfach, all swinging und good fun. Jetzt möchte ich ein Kapitel anschneiden, mit dem jeder, der tiltet, unweigerlich konfrontiert wird, dessen Betrachtung zunächst erstaunliche, ungewohnte Dinge zutage fördert, das anfangs nicht leicht zu verstehen ist, das man aber unbedingt verstanden haben muss, um nicht auf Dauer frustriert zu sein.

Thema: Schärfe, Schärfe-Ebene und Schärfentiefe

Es gilt, einen Merksatz zu verstehen und zu beherzigen: Auf dem Bild, d.h. auf der Sensor-Ebene wird nur das scharf abgebildet, was sich auf der objektseitigen Schärfe-Ebene befindet.

Zur Schärfe-Ebene gehört hierbei auch der mehr oder weniger breite Streifen der Schärfentiefe; es ist sozusagen ein Toleranz-Gebiet, was sich noch 'scharf' nennen darf und die Ausdehnung/die Breite dieser Schärfentiefe wird (wie bekannt) bestimmt vom Zerstreuungskreis, von der Entfernung, der Blende etc.

Der o.g. Merksatz gilt für alle Fälle des Tiltens, für jeden beliebigen Tilt-Winkel und er gilt auch für den Fall ('Normalfall = Sonderfall'), eben wenn nicht getiltet wird. Zur Erinnerung an diesen Normalfall Tiltwinkel = 0 wird nachfolgend Bild 7 gezeigt. Das Objekt (hier die Person), die sich im Bereich der Schärfe-Ebene incl. Schärfentiefe befindet, wird scharf abgebildet, jedoch nicht das Objekt (hier der Hund) außerhalb der Schärfentiefe.1924771364_Bild7.thumb.jpg.54dca11cea4a3a793eed150ef1cf816e.jpg

Bild 8 zeigt nun die Verhältnisse mit der gekippten Schärfe-Ebene infolge Tiltens. Auf der Schärfe-Ebene befinden sich im Grunde genommen nur der Kopf der Objekt-Person und die Blüte der Blume im Vordergrund und genau genommen werden nur diese beiden Objekte scharf in der Sensor-Ebene abgebildet; nicht z.B. der Hund und auch nicht Körper und Beine der Person. Je nach Schärfetiefe werden eben wegen der Schärfetiefe jedoch noch weitere Teile mehr oder weniger scharf abgebildet, etwa die Blätter der Blume und vielleicht noch Hals und Schulter der Person.

Für den Betrachter des fertigen Bildes scheint in der Mitte des Bildes eine Art 'Loch' in der Schärfeverteilung zu entstehen (z.B. weil der Hund nicht scharf ist), so als ob die Schärfe zwar hinten und vorne sei, ja, aber nicht in der Mitte, nicht durchgehend - denn immerhin ist ja der Hund zu sehen, aber halt nicht scharf! Dies ist ein Trugschluß; die Schärfe ist durchgehend, auf der Schärfe-Ebene werden alle Objekte scharf abgebildet - aber leider befindet sich halt der Hund nicht auf der Schärfe-Ebene :classic_sad:

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Durch das Tilten kippt die Schärfe-Ebene und genau das macht es uns so schwer, die Auswirkungen auf das Aussehen des Bildes und vor allem auch auf die Schärfeverteilung zu begreifen - sind wir doch immer an den Normalfall gewöhnt, bei dem alle Ebenen (auch die Schärfe-Ebene) senkrecht stehen. Wir müssen diesen Effekt aber begreifen, damit wir bei der Aufnahme mit Tilten entsprechende Vorsorge treffen und einplanen können; sonst sind wir von unerwarteten Resultaten überrascht und verlieren leicht die Geduld.

Bild 9.jpg

Bild 9 zeigt, wie sich bei zunehmendem Tiltwinkel (Neigung der Objektiv-Achse) auch die Sensor-Ebene und vor allem auch die Schärfe-Ebene neigen, sofern korrekt nach Scheimpflug vorgegangen wird. Selbstverständlich kann man auch für große Tiltwinkel stets die interessierende Person in ihrer gesamten Größe/Länge scharf abbilden, wenn man sie nur vollständig in die Schärfe-Ebene legt; siehe unteres Beispiel in der Skizze. Die eine Frage dabei ist z.B., wie man die Kamdera so ausrichten kann, bzw. die Person in diese Lage bringt (vielleicht in einem Liegestuhl am Strand :classic_smile:), die andere Frage ist, ob man die dabei auftretende Verzerrung akzeptieren will, bzw. ob das alles überhaupt erwünscht ist.

Kommen wir zu Bild 10, das an dem Beispiel einer Landschaft die Unterschiede der Darstellung des Objekts (die Landschaft) und die Schärfeverhältnisse bei den beiden Fällen 'Normale Aufnahme' (Skizze oben) und 'Aufnahme mit Tilten nach Scheimpflug' (Skizze unten) verdeutlichen soll.

Bemerkung: Man möge bitte diese und die obigen zum Teil eigenartigen Darstellungen eines 3D-Raumes auf einem 2D-Blatt entschuldigen; die Einzel-Objekte sind in Wirklichkeit selbstverständlich und natürlich räumlich angeordnet, gegliedert, so daß sie sich z.B. nicht gegenseitig verdecken etc.

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Auf der Skizze ganz oben erkennt man, dass der Berg mit der Bergspitze, die Bergstation der Seilbahn und der Bergwald scharf abgebildet werden, weil sie sich in der senkrechtstehenden Schärfe-Ebene incl. Toleranz-Zone durch die Schärfentiefe befinden. Nicht scharf abgebildet wird jedoch alles außerhalb davon, d.h. die Seilbahn-Gondel, der Adler in der Luft, der Berg-See, die Talstation, das Reh, der große Baum im Vordergrund und die Edelweiß-Blume im Vordergrund.

Aus verschiedenen Gründen kann nun beim Fotografen der Wunsch entstehen, alles von hinten bis vorne alles scharf abzubilden - weil es so schön ist, auch das Edelweiß im Vordergrund halt scharf zu haben. Er könnte eine stark geschlossene Blende (z.B. f=16 oder f=22) wählen, um die Schärfentiefe zu erhöhen. Wenn dies nicht ausreicht oder aus anderen Gründen nicht machbar ist, könnte er Fokus-Stacking machen. Wenn auch das nicht geht oder nicht sein soll, könnte er tilten. Wenn er tilten will, muss er sich über die Einstellparameter und die Folgen des Tiltens auf das Aussehen und die Schärfe-Eigenschaften des Bildes im Klaren werden.

Bzgl. der Einstellparameter (Tiltwinkel, Neigung der Kamera- sprich Sensor-Ebene, Brennweite, Entfernungseinstellung etc.) gibt es für viele Anwendungsfälle fertig berechnete Tabellen in der Literatur, die man allerdings meist nicht mit sich führt. Der Fotograf kann auch die Verfahren 'try-and-error' und 'iteration' anwenden. In keinem Falle ist es jedoch von Nachteil, wenn er seine Erfahrung, die er in vielen Momenten der Praxis draussen im Feld gewonnen hat, walten lässt und an den eingangs gebrachten Merksatz denkt.

Was uns zur unten stehenden Skizze in Bild 10 führt. Man sieht eine neue Schärfe-Ebene und alle Einzel-Objekte, die in dieser Ebene und der anhängenden Toleranz-Zone gebildet durch den Bereich der Schärfentiefe liegen, werden im Bild scharf abgebildet. Zu den scharfen Einzel-Objekten gehört selbstverständlich das Edelweiß im Vordergrund, die große Fichte im Vordergrund, die gesamte Seilbahn-Anlage mit Tal- und Bergstation, sogar mit Gondel und Seilen und ferner Teile der Bergspitze.

Nicht scharf abgebildet werden je nach Größe der Schärfentiefe der Bergwald, der Adler in den Lüften, der Berg-See und das Reh.

Für den Bild-Betrachter sieht es wiederum so aus, als ob 'Lücken' oder 'Löcher' in der Schärfe-Verteilung vorhanden sind, was (wie oben schon mal erwähnt und jetzt auch leicht erkennbar und erklärbar ist) daran liegt, dass verschiedenen Einzel-Objekte zwischendrin gelegen zwar irgendwie sichbar sind aber eben nicht scharf sind, weil sie nicht in der Schärfe-Ebene liegen.

Herzliche Grüße, Hermann

bearbeitet von Nieweg
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vor 2 Stunden schrieb Nieweg:

Thema: Schärfe, Schärfe-Ebene und Schärfentiefe

Unglaublich. Genau diesen Topic überlegte ich mir:)

 

Die Schärfentiefe wächst mit der Entfernung zu den zu fokussierenden Gegenstände. Unter anderem liegt es auch daran, dass je weiter das Objekt is, desto großer ist als Punkt wahrgenommener Kugel (das kann auch der Grund dafür sein, dass im "Normalfall" die hintere Grenze des Schärfenbereichs immer weiter von der Schärfeebene entfernt, als die vordere). Deswegen sollte bei geneigtem Objektiv der Schärfenbereich etwa so verlaufen, wie auf diesem Bild (fette Linien unten):

2103665086_Bild10.jpg.c58c35f66828fafe3ef74b851c7dd03a.thumb.jpg.10d6150b84e74e7e0b5302a0248226a2.jpg

 

PS: Laut Wikipedia machte Scheimpflug Luftaufnahmen der Erdoberfläche, um daraus Landkarten herzustellen. Bei einer bestimmten Konfiguration (Tilt+Brennpunkt+Sensor) stimmen die Erdoberfläche und die Schärfe-Ebene überein, d.h. teoretisch soll die Aufnahme der Landschaft scharf bis auf den Horizont sein, also, alles -- von naheliegenden Blümchen und Steinen bis auf Bergen in der größeren Entfernung.

vor 2 Stunden schrieb Oleg:

Laut Wikipedia machte Scheimpflug Luftaufnahmen der Erdoberfläche, um daraus Landkarten herzustellen. Bei einer bestimmten Konfiguration (Tilt+Brennpunkt+Sensor) stimmen die Erdoberfläche und die Schärfe-Ebene überein, d.h. teoretisch soll die Aufnahme der Landschaft scharf bis auf den Horizont sein, also, alles -- von naheliegenden Blümchen und Steinen bis auf Bergen in der größeren Entfernung.

Ist verständlich, weil ab einer gewissen Höhe oberhalb der Erdoberfläche Erhebungen, Berge oder Vertiefungen, Täler keine wesentlichen Abweichungen von einer idealen Ebene mehr zeigen.

bearbeitet von Nieweg

Die oben verlinkte "Anwendung und optimale konstruktive Auslegung technischer Kameras" ist sicher kein Ersatz für deine Erklärungen hier.😉

Für mich war das hier auch hilfreich: Mit Berechner für DoF-Ebene und J in Abhängigkeit von Brennweite, Tiltwinkel und eingestellter Entfernung

https://www.cambridgeincolour.com/tutorials/tilt-shift-lenses2.htm?phrase=Tilt&phrase=

Ein praktischer Hinweis noch: Wir haben in den Kameras ja Focus-Peaking zur Verfügung. Das hilft sehr die Lage der Schärfeebene im Sucher zu erkennen und deren "Wandern" bei Änderung der Entfernungseinstellung (oder der Brennweite). Voraussetzung ist allerdings, dass das alte Objektiv bei der gewählten Blende ausreichend scharfe Kontrastkanten abbildet.

Gruß, Gerhard

Und ein bloß technisches Bildbeispiel dazu

M1203457.thumb.jpg.68424fe275933587b676a3de0d749d3b.jpg

 

vor 6 Minuten schrieb Oleg:

hier wurde das Objektiv um vertikale Achse gedreht, oder?

Das siehst du genau richtig, der Winkel ist so gedreht, dass sichtlich das nähere Tragseil etwa im Schärfebereich ist.
Das Bild ist auch rechts und oben beschnitten.

Wie jetzt? Verläuft die ST nach Bild 10 nun parallel oder nicht.

Die Begründung von @Oleg erscheint mir (noch) nicht schlüssig.

Bitte @Nieweg und @Oleg, klärt einen Laien auf.

Gruß, Gerhard

Ich habe hier einige Beiträge gelöscht und ein Mitglied für den Rest des Jahres gesperrt.

Jetzt gerne weiter mit dem spannenden Thema, danke dafür!

Andreas

vor 21 Stunden schrieb Oleg:

Die Schärfentiefe wächst mit der Entfernung zu den zu fokussierenden Gegenstände ... Deswegen sollte bei geneigtem Objektiv der Schärfenbereich etwa so verlaufen, wie auf diesem Bild (fette Linien unten) ...

Danke sehr für die sehr richtige Bemerkung! Die beiden Linien gehen keilförmig von der 'Hinge-Linie' aus; das ist in Bild 1, bzw. Bild 8, die Linie rechts neben der Scheimpflug-Linie - habe aber im Bild 1, bzw. Bild 8, die 'Hinge-Linie' nicht bezeichnet, um alles nicht zu verkomplizieren.

Ich hatte in Bild 10 die beiden Linien der Schärfentiefe-Zone ursprünglich zu schlampig gezeichnet und habe es jetzt auf Deinen Einwand hin geändert - so kann es keine Verwirrung mehr stiften.  Danke und HG, Hermann 👍

bearbeitet von Nieweg
vor 3 Stunden schrieb Andreas J:

Ich habe hier einige Beiträge gelöscht und ein Mitglied für den Rest des Jahres gesperrt. Jetzt gerne weiter mit dem spannenden Thema, danke dafür!

Hört, hört!

vor 15 Stunden schrieb Fotofirnix:

Verläuft die ST nach Bild 10 nun parallel oder nicht? Die Begründung von @Oleg erscheint mir (noch) nicht schlüssig. Bitte @Nieweg und @Oleg, klärt einen Laien auf.

Doch, Gerhard, die Schärfentiefe verläuft keilförmig - da hat Oleg Recht. Ich habe auch Bild 10 entsprechend verbessert, siehe mein Posting #63. Ich verweise hier nochmals gerne auf die Publikation von Harald M. Merklinger 'Fokusing the View Camera, A Scientific Way to focus the View Camera and Estimate Depth of Field' ISBN 0-9695025-2-4, siehe die Thread-Eröffnung. HG, Hermann

bearbeitet von Nieweg
vor 19 Stunden schrieb Oleg:

Unglaublich. Genau diesen Topic überlegte ich mir

Ich denke, Oleg, wir alle würden uns freuen, wenn Du Deine Überlegungen hier auch noch zeigen würdest. Dass mein Beitrag jetzt zufälligerweise vielleicht eine kurze Zeit vorher kam, soll ja kein Hindernis für Dich sein :classic_wink:

vor einer Stunde schrieb Nieweg:

Doch, Gerhard, die Schärfentiefe verläuft keilförmig - da hat Oleg Recht. Ich habe auch Bild 10 entsprechend verbessert, siehe mein Posting #63. Ich verweise hier nochmals gerne auf die Publikation von Harald M. Merklinger 'Fokusing the View Camera, A Scientific Way to focus the View Camera and Estimate Depth of Field' ISBN 0-9695025-2-4, siehe die Thread-Eröffnung. HG, Hermann

Zunächst einmal, ich lese schon vorher, was ich als Artikel empfehle😉.

Ich vergleiche bloß als NW-ler, ob die Theorie mit meiner Praxis übereinstimmt. Und da war für mich aus getilteten Bildern die Keilform der ST nicht so offensichtlich.
Deshalb meine Frage zu den Unterschieden im Verlauf der ST in den Skizzen oben.

Ich habe hier schnell ein Bildchen gemacht mit dem OM 50mm bei f/2 (Tilt-Adaptier um 90° gedreht). Naja, sehr breit wird der Keil ja nicht ...
Natürlich ist die ST bei größerer Entfernung in Metern breiter, das ist ja trivial. Die Frage war ja, ob im zweidimensionalen Bild - laienhaft - der Schärfe-Streifen vorne und hinten etwa gleich breit ist, oder?

Gruß, Gerhard 

0C047155.thumb.jpg.8fd90c03b6535672907c72ad4f6023a5.jpg

vor 2 Stunden schrieb Fotofirnix:

Die Frage war ja, ob im zweidimensionalen Bild der Schärfe-Streifen vorne und hinten etwa gleich breit ist?

Der Schärfe-Zone auf der geneigten Schärfe-Ebene und die Verteilung der Schärfe-Anteile auf vor und hinter dem Objekt verhalten sich nach denselben Gesetzen wie die senkrecht (bzw. parallel) stehende auch. Es hängt also von den Abständen ab.

Deine unterschwellige Frage nach der Abbildung auf das zweidimensionale Bild berührt die Frage der Perspektive: Wie verzerrt die Projektion von einer schrägliegenden Ebene auf die Bildebene des Fotopapiers?

Alles ist gut, Gerhard :classic_smile:

bearbeitet von Nieweg
vor 2 Stunden schrieb Fotofirnix:

Zunächst einmal, ich lese schon vorher, was ich als Artikel empfehle

:classic_biggrin::classic_biggrin:, kapiert!

bearbeitet von Nieweg
vor 7 Minuten schrieb Nieweg:

Deine unterschwellige Frage nach der Abbildung auf das zweidimensionale Bild berührt die Frage der Perspektive: Wie verzerrt die Projektion von einer schrägliegenden Ebene auf die Bildebene des Fotopapiers?

Alles ist gut, Gerhard

Ganz gut wäre es Hermann, wenn meine gar nicht so unterschwellige Frage eine Antwort fände:

Sehe ich die theoretisch also keilförmige Schärfegrenze auch so keilförmig im fertigen getilteten Bild?
Natürlich zweifle ich die Theorie nicht an, die beherrsche ich schlicht nicht ausreichend.
Aber in dem von Oleg präsentierten Screenshot sieht die Keilform ja gravierend aus - bei seinem Bild 10 ja auch.
Liegt das bei den Abbildungen an einer didaktischen Übertreibung, der Schwierigkeit 3 Dimensionen auf 2 zu reduzieren oder ...

Jedenfalls kann ich in Bildern diese Keilform nicht so beobachten - das mag ja an der Frage der Perspektive liegen.

Zusammengefasst meine laienhafte Frage:
Hebt also die Perspektive im 2-dim. Bild die in der 3-dim. Realität vorhandene Keilform (weitgehend) auf?
Dann wäre es doch von Wert darauf hin zu weisen - ich theoretisiere ja nicht ich fotografiere knipse.

Gruß, Gerhard

vor 7 Stunden schrieb Fotofirnix:

Sehe ich die theoretisch also keilförmige Schärfegrenze auch so keilförmig im fertigen getilteten Bild? ... Jedenfalls kann ich in Bildern diese Keilform nicht so beobachten - das mag ja an der Frage der Perspektive liegen ... Hebt also die Perspektive im 2-dim. Bild die in der 3-dim. Realität vorhandene Keilform (weitgehend) auf?

Die Keilform mit den zwei Begrenzungslinien (für die Grenzen der Schärfentiefe 'vorne' und 'hinten', bzw.' nah' und 'fern') ist eine theoretische Kurve und beschreibt/zeigt in einfacher, graphischer Form die Art, wie die Schärfentiefe mit der Entfernung zunimmt. Der Anfangspunkt liegt auf der Schärfe-Ebene und beginnt an der 'Hinge-Linie'; das ist der Ort der Verschneidung der objektseitigen Parallel-Ebene zur Objektiv-Ebene im Abstand f = Brennweite mit der Schärfe-Ebene. Die beiden Begrenzungslinien ergeben sich aus Berechnungen mit Hilfe des angenommenen (und allgemein so akzeptiert für ein bestimmtes Sensor-Format) Zerstreuungskreises (die Größe der airy disk, die als noch zulässig/zumutbar/ausreichend/tolerierbar ist für das Prädikat 'scharf' erkennbar/akzeptabel) nach der Überlegung: Welcher Abstand erzeugt bei welcher eingestellten Aufnahme-Entfernung bei welcher Blende und Brennweite genau diesen Zerstreuungskreis (und nicht etwa einen Punkt als optimale Abbildung eines punktförmigen Objekts) und welchen Entfernungen ('nah' und' fern') entsprechen nun diese Grenzen des Zerstreuungskreises?

Der Keil, bzw. die Begrenzungslinien sind natürlich 3D in der Realität (d.h. ein Kegel, bzw. die Mantellinien des Kegels), werden aber in einem Papier z.B. zur Erklärung der Schärfentiefe in 2D als Keil abgebildet; und zwar in einer Ebene, welche die Objektiv-Achse enthält und gerne senkrecht auf der Schärfe-Ebene steht. So lassen sich Zusammenhänge etc. besser erklären und zeigen.

In Wirklichkeit sieht man weder den Keil, noch diese Begrenzungslinien deutlich (vielleicht gibt es ja Ausnahmen bei besonderen Bedingungen; etwa wenn Moiré oder andere Muster auffällig werden), noch ist der Übergang von 'scharf' auf 'unscharf' eindeutig klar oder zu erkennen. Es gibt immer eine gewisse allmähliche Übergangsphase, die manchmal relativ klein zu sein scheint und manchmal eben sehr breit und damit undeutlich, bzw. nicht klar abgegrenzt.

Besonders studierbar wird dieses Übergangsgebiet, wenn man in der Betrachtung heranzoomt bis zum Pixel-Peeping. Da sieht man dann, letztlich herunter bis zum einzelnen Pixel, wie z.B. eine im Original scharfe Kante des Wechsels von schwarz auf weiss in allmähliche Unschärfe durch entstehende Zwischenpixel mit unterschiedlicher Grau-Intensität von dunkelgrau nahe schwarz auf hellgrau nahe weiss aufgelöst wird; die harte Kante 'verschwimmt' sozusagen. Diese Auflösung hat natürlich mindestens zwei Ursachen: Erstens die Unschärfe durch Verlassen der Schärfe-Ebene und zweitens die Unfähigkeit von Objektiv und Sensor, die mathematisch als (gnadenloser) Sprung definierte schwarz-weiss-Kante genau aufzulösen. Das Auflösungsvermögen eines Objektivs (u.a. Sachen mehr) kann man übrigens z.B. in den bekannten und beliebten MTF-Kurven darstellen.

Inwieweit nun die Perspektive, insbesondere die Schrägstellung der Schärfe-Ebene beim Tilten, diese Keilform modifiziert und gar, wie diese Modifikation sich darstellt/erkennbar ist am fertigen Bild - ich weiss es nicht, ich kann es Dir nicht sagen (ich denke jedoch, dass die Keilform im Prinzip bleibt, aber vielleicht einen anderen Öffnungswinkel bekommt oder so) und eigentlich interessiert es mich auch nicht theoretisch. Wichtig für mich ist, in wieweit ich meine Ziele beim Tilten erreiche und welchen Gesamteindruck das Foto letztlich macht.

HG, Hermann

 

bearbeitet von Nieweg

Eventuell habe ich etwas überlesen oder wird von mir verkehrt interpretiert,  aber handelt es sich nicht um das Schärfedreieck von Scheimpflug. 

https://www.vision-doctor.com/optische-grundlagen/scheimpflug-adapter-tilt-objektive.html

Grüße Wolfgang 

vor 36 Minuten schrieb Nieweg:

 ... HG, Hermann

Für deine ausführliche, klare und ehrliche Antwort besonderen Dank, Hermann!

Herzlicher Gruß, Gerhard

vor 16 Minuten schrieb blitz:

Eventuell habe ich etwas überlesen oder wird von mir verkehrt interpretiert,  aber handelt es sich nicht um das Schärfedreieck von Scheimpflug

Doooch, wir reden von Scheimpflug und seinem Prinzip und Schärfedreieck und pi-pa-po. Nur: Es gibt sehr viele Veröffentlichungen zu diesem Thema und die grafischen Darstellungen des 'Dreiecks' variieren (sag ich mal). Wenn Du mit Deiner Frage auf die 'Hinge-Linie' abhebst: Manche Autoren kennen sie einfach nicht oder wollen sie nicht wahrhaben oder nicht erwähnen oder finden sie zu kompliziert und übersehen mE dabei, dass es nicht nur eine Scheimpflug-Bedingung gibt (die mit der Scheimpflug-Linie) sondern zwei (nämlich auch die zweite mit der Hinge-Linie). Ist jetzt aber viel Theorie! 😬 Grüßle, H

bearbeitet von Nieweg

Das schöne an dem Thema ist, seit 2008 hält der Scheimpflug im Forum Einzug. 

Seit 2010, schreibe ich als Dilettant mit😄 .Bei einer guten Schlagwort Eingabe in der Suchfunktion findet man hier noch das meiste davon. Es gibt aber noch einen anderen Trick danach zu Suchen, pssst Geheim. 

Durch deine Art der Ausführung und der aktiven Teilnahme anderer bekommt das ganze eine Dynamik auf fundierter Basis, die sich wohltuend von vielem aus der Vergangenheit, auch gerade zu diesem Thema hervorheben tut.

Das Thema TS, finde ich durch gute Weitwinkekobjektive und einer KI in der Bildbearbeitung unterpresäntiert und verdrängt.

 Gehört aber wie ich finde zum großen 1×1 in der Fotografie dazu.

In der Zeit von 2005-2008, gingen im Leica und anderen Foren ganze Freundschaften durch das Streithema TS auseinander.

Hier waren die Hersteller aber noch sehr präsent auf dem Markt. 

Zörk Adapter, Angulon, Schneider- Kreuznach,  Hartblei, Novoflex Balgen, Angénieux aus Frankreich,

Nun aktuell oft nur noch mit PL Mount auf dem Kamera Sektor und Arriflex.

https://www.angenieux.com/collections/

Seit 1961 - Nikon, Canon, Leica, Olympus, Samyang und natürlich die Plattenkameras der Landschafts Fotografen, nicht zu vergessen, inklusive interessanter Eigenbauten von Hobbyisten.

Die Adapter von Zörk habe ich schon fast 10 Jahre nicht mehr gesehen

Nu habe ich ein TS Objektiv gefunden und hoffe bei ausreichender Freizeit etwas aus der Praxis zu diesem Thema beitragen zu können. 

Bis zur Hinge- Linie einer Sinar Kamera

https://sinar.swiss/produkte/

werde ich nicht kommen, auch nicht zur Kamera. Über Fixfocus und Fixtilt, ein weiter Weg, hier braucht es einen Meister der mir dies beibringt.

Vermutlich ist das ganze ähnlich einer Lehre bei einem französischen Spezialisten für das Herstellen von Messer.

https://www.coutobelle.de

Einer Lehre in einer asiatischen Klingenschmiede oder der Washi,Wagami Kunst.

Bleibt Gesund 

HG Wolfgang 

 

bearbeitet von blitz

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